Arbeitsrecht: Das müssen Schweizer Arbeitnehmer wissen
Fast jeder ist früher oder später im Arbeitsleben mit Fragen des Arbeitsrechts konfrontiert. Sei es z.B. bei Verträgen, Überzeit oder Kündigungen – die Rechtslage kann komplex sein. Umso wichtiger ist es, die eigenen Rechte und Pflichten zu kennen.
Was ist Arbeitsrecht?
Arbeitsrecht ist ein zentraler Bestandteil jeder Geschäftsbeziehung zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Es bildet das rechtliche Fundament, das die Rechte und Pflichten beider Parteien regelt und somit eine faire und produktive Arbeitsumgebung sicherstellt. Das Arbeitsrecht regelt die unselbständige, abhängige Erwerbstätigkeit. Als Gesetze von grosser Bedeutung in der Schweiz sind das privatrechtliche Obligationenrecht (OR) sowie das öffentlich-rechtliche Arbeitsgesetz (ArG) und die dazugehörigen Verordnungen zu zählen. Oft sind die arbeitsvertraglichen Rechte und Pflichten in branchenspezifischen Gesamtarbeitsverträgen geregelt, die gesetzesähnliche Wirkung haben.
Warum ist eine Rechtsschutzversicherung für Arbeitnehmer wichtig?
Die meisten Schweizer:innen werden mehrfach in Ihrem Berufsleben mit rechtlichen Fragestellungen und Konflikten konfrontiert sein.
Bei Dextra Rechtsschutz erreichen uns täglich durchschnittlich über 20 Rechtsfälle im Zusammenhang mit Arbeitsrecht. Damit gehört dieses Rechtsgebiet zu den wichtigsten für unsere Versicherungsnehmer.
Eine Rechtsschutzversicherung begleitet die Versicherten im Alltag und unterstützt bei Rechtsfragen sowie bei rechtlichen Verfahren. Durch eine rechtzeitige juristische Beratung können mögliche Konflikte oft frühzeitig deeskaliert werden. Sollte sich dennoch ein Rechtskonflikt ergeben, ist die Rechtsschutzversicherung von entscheidender Bedeutung, da sie die finanziellen Belastungen minimiert und den Zugang zu juristischer Unterstützung gewährleistet.
Arbeitsrechtliche Auseinandersetzungen können in der Schweiz vielfältige Formen annehmen, sei es aufgrund von Kündigungen, Diskriminierung, Mobbing oder anderen arbeitsrechtlichen Verstössen. Eine Rechtsschutzversicherung trägt dazu bei, die Kosten eines Rechtsstreits zu decken und ermöglicht es dem Arbeitnehmer, seine Rechte effektiv durchzusetzen.
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Arbeitsrecht ist mit unserem Privat-Rechtsschutz Paket L und XL natürlich abgedeckt sowie mit Flex, sofern das Modul Arbeiten ausgewählt wurde. Im Arbeitsrecht profitieren unsere Versicherungsnehmer von unschlagbaren Deckungen ohne Streitwertbegrenzung oder Bruttojahreslohnbegrenzung.
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Wichtige Teilbereiche des Arbeitsrechts
Im Folgenden werden wichtige Teilbereiche des Arbeitsrechts aufgeführt, die in der Praxis für Schweizer Arbeitnehmer besonders relevant und häufig Gegenstand von Rechtsstreitigkeiten sind.
Arbeitsverträge
Im schweizerischen Recht ist der Arbeitsvertrag eine rechtlich bindende Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, welche die Beziehung sowie grundlegende Rechte und Pflichten beider Parteien regelt. Ein Arbeitsvertrag kann sowohl mündlich als auch schriftlich abgeschlossen werden. Wir empfehlen sämtlichen Mitarbeitenden, einen schriftlichen Vertrag zu beantragen bzw. auf einen solchen zu bestehen. Mitarbeitende haben Anspruch auf den schriftlichen Nachweis der Vertragsbedingungen. Der Arbeitsvertrag sowie die dazugehörigen Reglemente sollten vor Stellenantritt genau durchgelesen werden, um Unklarheiten zu vermeiden.
In der Schweiz gilt grundsätzlich Vertragsfreiheit, mithin kann der Inhalt eines Vertrages grundsätzlich frei gewählt werden. Die zwingend anwendbaren Gesetzesvorschriften begrenzen allerdings den Handlungsspielraum bei der Ausgestaltung eines Arbeitsvertrags. Der Arbeitsvertrag stellt sicher, dass alle wichtigen Bedingungen der Beschäftigung klar und eindeutig festgelegt sind. Er schützt Arbeitnehmer vor möglichen Missbräuchen seitens des Arbeitgebers, indem er klare Regeln und Standards für die Arbeitsbeziehung festlegt.
Wenn Zweifel bestehen, dass ein Arbeitgeber sich an die Vorgaben des Gesetzes hält, ist eine Überprüfung des Arbeitsvertrages bzw. der tatsächlichen Gegebenheiten ratsam. Unter Umständen wird empfohlen, sich beim zuständigen kantonalen Arbeitsamt für eine Kontrolle des Betriebs zu melden.
Folgende wichtige Aspekte sind im schriftlichen Arbeitsvertrag nach schweizerischem Recht üblicherweise enthalten:
Vertragsparteien und Datum
Der Arbeitsvertrag sollte die genaue Identität der Vertragsparteien – also des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers – sowie das Datum des Vertragsabschlusses klar angeben. Das Datum des Vertragsschlusses ist unter anderem für die Anrechnung der Dienstjahre von Bedeutung.
Arbeitsort und Arbeitszeit
Der Arbeitsvertrag muss den Arbeitsort des Arbeitnehmers sowie die reguläre Arbeitszeit festlegen. Hierbei sind auch Regelungen zu Überstunden, Schichtarbeit oder Wochenendarbeit zu berücksichtigen.
Aufgaben und Tätigkeiten
Der Vertrag sollte die genaue Beschreibung der Aufgaben und Tätigkeiten des Arbeitnehmers enthalten. Dies dient dazu, die Erwartungen beider Parteien klar zu definieren sowie das Weisungsrecht des Arbeitgebers einzugrenzen.
Vergütung und Zusatzleistungen
Die Höhe des Lohnes, die Zahlungsfrequenz und etwaige Zusatzleistungen wie Bonuszahlungen, Gratifikationen oder Sozialleistungen sollten im Arbeitsvertrag festgelegt werden. Dies bildet eine klare Anspruchsgrundlage für Arbeitnehmer.
Probezeit
Eine vereinbarte Probezeit ermöglicht es sowohl dem Arbeitgeber als auch dem Arbeitnehmer, die Eignung für die Position zu prüfen. Die Dauer und die Bedingungen der Probezeit sollten im Vertrag festgehalten werden. Die Kündigungsfrist in der Probezeit ist in der Regel kürzer als die gewöhnliche Kündigungsfrist, so dass sich beide Parteien bei Bedarf rasch neu orientieren können.
Kündigungsfristen oder Befristung
Die Kündigungsfristen für beide Parteien sind im schweizerischen Arbeitsvertrag von entscheidender Bedeutung. Die gesetzlichen Bestimmungen sehen Mindestkündigungsfristen vor, die jedoch durch individuelle Vereinbarungen im Vertrag verlängert werden können. Ein Vertrag kann auch für eine befristete Dauer eingegangen werden. In diesem Fall ist es wichtig zu regeln, ob der Vertrag während der Befristung ordentlich gekündigt werden darf oder ob der Vertrag erst mit Ablauf der Befristung endet.
Ferienregelung
Die Anzahl der bezahlten Ferientage und die Modalitäten für die Beantragung von Ferien sollten im Arbeitsvertrag geregelt sein. Dabei ist darauf zu achten, dass die gesetzlichen Mindestvorgaben eingehalten werden. Der Arbeitgeber bestimmt den Zeitpunkt der Ferien und nimmt dabei auf die Wünsche des Arbeitnehmers soweit Rücksicht, als dies mit den Interessen des Betriebes oder Haushaltes vereinbar ist. Eine Ausnahme davon sind Betriebsferien, welche jedoch genügend im Voraus angekündigt werden sollten.
Gemäss Art. 329a OR hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer jedes Dienstjahr mindestens vier Wochen Ferien zu gewähren (bis zum vollendeten 20. Altersjahr mindestens fünf Wochen). Viele Arbeitgeber sehen heutzutage fünf Wochen Ferien als Standard vor.
Beendigung des Arbeitsverhältnisses
Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses darf im Rahmen der Kündigungsfreiheit grundsätzlich sowohl von Arbeitgeber als auch von Arbeitnehmer jederzeit ausgesprochen werden. Es ist nicht notwendig, dass ein sachlicher Grund für die Kündigung vorliegt. Eine Anhörung vor der Kündigung ist ebenfalls nicht erforderlich. Bitte beachten Sie, dass im Rahmen von öffentlich-rechtlichen Arbeitsverhältnissen (z.B. Anstellung bei einer Gemeinde oder in einer öffentlichen Schule) andere Regelungen Anwendung finden können
Eine Ausnahme bilden sogenannte Sperrfristen, während welcher der Arbeitgeber keine Kündigung aussprechen darf. Eine während einer Sperrfrist ausgesprochene Kündigung ist nichtig und muss gegebenenfalls wiederholt werden. Eine Sperrfrist gilt beispielsweise bei krankheits- oder unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit oder bei Schwangerschaft, wobei die Dauer von den Dienstjahren abhängig ist.
Für Arbeitgeber und Arbeitnehmer gelten die gleichen Kündigungsfristen. Es ist gesetzlich verboten, in einem Arbeitsvertrag unterschiedliche Kündigungsfristen vorzusehen. Die Kündigungsfrist beträgt in der Regel zwischen einem und drei Monaten, wobei längere Fristen für Arbeitnehmer mit längerer Betriebszugehörigkeit gelten können. In der Probezeit gilt in der Regel eine siebentätige Kündigungsfrist.
In der Regel darf das Arbeitsverhältnis per Ende eines Monates unter Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden. Eine grosse Rolle spielt in diesem Zusammenhang die Zustellung der Kündigung, da die Kündigung erst mit dem Empfang eine rechtliche Wirkung entfalten kann. Die Kündigung muss bis Ende des jeweiligen Monates beim Arbeitgeber eintreffen.
In gewissen Ausnahmekonstellationen kann eine Kündigung missbräuchlich sein (siehe Art. 336 OR), wenn sie gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstösst, beispielsweise wenn sie auf diskriminierenden Gründen wie Geschlecht, Religion, Rasse oder anderen geschützten Merkmalen basiert. Auch wenn die Kündigung als Vergeltung für die Ausübung legitimer Rechte des Arbeitnehmers erfolgt oder auf willkürlichen Gründen beruht, kann sie als missbräuchlich angesehen werden. Eine Kündigung aufgrund von Schikane, Mobbing oder anderem unangemessenem Verhalten gegenüber dem Arbeitnehmer kann ebenfalls als missbräuchlich gelten. Wir empfehlen, bei Erhalt einer Kündigung bei Vorliegen eines Konfliktes am Arbeitsplatz die Kündigung auf ihre Rechtmässigkeit hin überprüfen zu lassen. Die Partei, die das Arbeitsverhältnis missbräuchlich kündigt, hat der anderen Partei eine Entschädigung auszurichten (Art. 336a OR).
Ausnahmsweise darf ein Arbeitsverhältnis fristlos gekündigt werden (siehe Art. 337 OR), mithin ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist. Dies ist nur unter bestimmten Umständen und bei Vorliegen eines wichtigen Grundes zulässig.
Eine fristlose Kündigung beendet das Arbeitsverhältnis unmittelbar, ob sie gerechtfertigt ist oder nicht.
So ist eine fristlose Kündigung etwa bei Begehung von Straftaten zulässig, wie beispielsweise sexueller Belästigung oder Diebstahl. Eine fristlose Kündigung muss unverzüglich ausgesprochen werden. Der gekündigte Arbeitnehmer kann eine fristlose Kündigung gerichtlich anfechten, wenn er der Meinung ist, dass sie unrechtmässig war. Ist die fristlose Kündigung nicht gerechtfertigt, schuldet die kündigende Partei Schadenersatz sowie allenfalls eine Entschädigung (Art. 337b ff. OR). Wir empfehlen, bei Erhalt einer fristlosen Kündigung umgehend eine Anmeldung bei der Arbeitslosenkasse vorzunehmen, damit die finanzielle Einbusse so gering wie möglich gehalten werden kann.
Arbeitszeit
Die wichtigsten Regelungen zur Arbeitszeit befinden sich im Arbeitsgesetz (ArG), im Obligationenrecht und in branchenspezifischen Gesamtarbeitsverträgen (GAV) oder individuellen Arbeitsverträgen.
Es wird empfohlen, die vertragliche Regelung zur Arbeitszeit genau zu prüfen. So kann der Arbeitgeber die Arbeitszeit in den Schranken des Gesetzes selbständig festlegen. In der Regel sind Überstunden, welche über die reguläre Arbeitszeit hinaus geleistet werden, mit Freizeit gleicher Dauer oder mit finanzieller Entschädigung (samt Zuschlag von 25%) zu vergüten. Allerdings darf die Kompensation oder die Vergütung von Überstunden vertraglich verändert oder gar ausgeschlossen werden. Dies gilt jedoch nur für Überstunden und nicht für die sog. Überzeit.
Das ArG regelt die reguläre Arbeitszeit, welche zwischen 45 Stunden (Regelfall) und 50 Stunden beträgt. Die Zeit, welche über die reguläre Arbeitszeit gemäss ArG geleistet wird, gilt als Überzeit und ist zwingend zu vergüten bzw. zu kompensieren.
Daneben sind flexible Arbeitszeitmodelle wie Gleitzeit oder Jahresarbeitszeit sehr verbreitet. Für Gleitzeit gibt es in der Schweiz keine gesetzliche Regelung; stattdessen wird diese oft durch Gesamtarbeitsverträge (GAV), individuelle Arbeitsverträge oder betriebliche Vereinbarungen wie Arbeitszeitreglemente geregelt. Hier kann es sich lohnen, die genaue Ausgestaltung der Gleitzeitregelungen mit dem Arbeitgeber zu diskutieren, um etwaige Fragen im Zusammenhang mit angefallenen Minusstunden im Vorfeld zu klären.
Das ArG regelt auch die Pausen und Ruhezeiten: Beispielsweise ist den Arbeitnehmern bei einer täglichen Arbeitszeit von mehr als 7 Stunden eine Pause von mindestens 30 Minuten zu gewähren. Diese Pausen gelten dann als Arbeitszeit, wenn die Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz nicht verlassen dürfen (Art. 15 ArG).
Im ArG sind auch Schutzbestimmungen zu besonderen Arbeitnehmerkategorien enthalten, wie beispielsweise Schwangere und stillende Frauen. So dürfen schwangere Frauen ab der 8. Woche vor der Niederkunft zwischen 20 Uhr und 6 Uhr nicht beschäftigt werden (Art. 35a ArG).
Diskriminierung am Arbeitsplatz
Im Kontext des Arbeitsrechts in der Schweiz sind verschiedene Gesetze darauf ausgerichtet, Diskriminierung am Arbeitsplatz zu verhindern und gleiche Chancen für alle Arbeitnehmer zu gewährleisten. Das Arbeitsgesetz (ArG) und die Bundesverfassung (BV) legen den Rahmen für die Gleichbehandlung am Arbeitsplatz fest. Arbeitnehmer haben das Recht auf gleichwertige Arbeitsbedingungen, unabhängig von persönlichen Merkmalen wie Geschlecht, Religion, Nationalität oder anderer diskriminierender Faktoren. Das Gleichstellungsgesetz
(GlG) zielt darauf ab, Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu verhindern. Es betrifft insbesondere den Zugang zu Beschäftigung, die berufliche Bildung, den beruflichen Aufstieg und die Arbeitsbedingungen. Arbeitgeber sind verpflichtet, sicherzustellen, dass Frauen und Männer gleichbehandelt werden.
Das Gleichstellungsgesetz kann beispielsweise im Falle einer Kündigung einer frisch gewordenen Mutter wichtige Ansprüche verleihen. Eine solche Kündigung sollte unbedingt unter dem Blickwinkel des Gleichstellungsgesetztes rechtlich überprüft werden.